Inhalt
- Kapitel 1: Einleitung
- Kapitel 2: Physik um 1900
- Kapitel 3: Der Weg zur Quantenmechanik
- Kapitel 4: Warum Quantenfeldtheorie?
- Kapitel 5: Quantenelektrodynamik - Prototyp einer Quantenfeldtheorie
- Kapitel 6: Die Krise der Quantenfeldtheorie
- Kapitel 7: Vom Beta-Zerfall zur elektroschwachen Eichtheorie
- Kapitel 8: Quantenchromodynamik - Quantenfeldtheorie der starken Kernkraft
- Kapitel 9: Standardmodell der fundamentalen Wechselwirkungen
- Kapitel 10: Jenseits des Standardmodells?
- Kapitel 11: Ausblick
Kapitel 1: Einleitung
Gerhard Ecker
Victor Weisskopf, ein Großmeister der didaktischen Aufbereitung der modernen Physik, hat des Öfteren kritisiert, dass sich populäre Darstellungen gerne auf das Allerneueste beschränken, das nicht unbedingt zum Verständnis der Natur beiträgt. Ganz in seinem Sinne wird in diesem Buch daher wenig von der Superstring-Theorie oder von der Quantengravitation die Rede sein. Stattdessen soll die Entwicklung der modernen Physik vom Beginn des Quantenzeitalters um 1900 zum radikalen Bruch mit der klassischen Physik durch die Quantenmechanik, ihre Vereinigung mit der Speziellen Relativitätstheorie zur Quantenfeldtheorie bis zum sogenannten Standardmodell der fundamentalen Wechselwirkungen, der bisher umfassendsten Theorie der Physik überhaupt, aufgezeigt werden. Gemäß dem Motto von Albert Einstein, dass man die Dinge so einfach wie möglich, aber nicht einfacher machen soll, werden wir nicht ganz ohne mathematischen Formalismus auskommen, der letzten Endes den Unterschied zwischen Mythologie und moderner Physik ausmacht. Der Ausspruch von Ernst Mach gegen Ende des 19. Jahrhunderts, dass der Mensch ohne eine wenigstens elementare mathematischnaturwissenschaftliche Ausbildung doch nur ein Fremdling in dieser Welt sei, ist zwar heute politisch vollkommen inkorrekt, aber als Ansporn mag er trotzdem dienen.
Kapitel 2: Physik um 1900
Gerhard Ecker
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war für die klassische Physik die Welt noch in Ordnung. In diesem Zusammenhang wird oft der Physiker Philipp von Jolly zitiert, der dem jungen Max Planck 1874 von einem Studium der Theoretischen Physik abriet (Planck 1933): „Die Physik ist eine hochentwickelte, nahezu voll ausgereifte Wissenschaft, die nunmehr, nachdem ihr durch die Entdeckung der Energie gewissermaßen die Krone aufgesetzt wurde, wohl bald ihre endgültige stabile Form annehmen wird. Wohl gibt es vielleicht in einem oder dem anderen Winkel noch ein Stäubchen oder ein Bläschen zu prüfen und einzuordnen, aber das System als Ganzes steht ziemlich gesichert da, und die Theoretische Physik nähert sich merklich demjenigen Grade der Vollendung, wie ihn etwa die Geometrie schon seit Jahrhunderten besitzt.“
Kapitel 3: Der Weg zur Quantenmechanik
Gerhard Ecker
Niels Bohr schloss sein Studium an der Universität Kopenhagen 1911 mit einer Dissertation über magnetische Eigenschaften von Metallen ab. Im September desselben Jahres reiste er nach Cambridge mit der Absicht, seine Studien im berühmten Cavendish Laboratory bei Thomson fortzusetzen. Thomson empfing ihn freundlich und schien an der Arbeit des jungen Dänen interessiert zu sein. In der Literatur findet sich allerdings die kryptische Bemerkung, dass ihre Kommunikation durch Sprachbarrieren erschwert wurde; offenbar waren Thomsons Dänischkenntnisse nur rudimentär...Während Bohr noch mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, kam Rutherford nach Cambridge und berichtete von seinen neuen Erkenntnissen zur Struktur der Atome. Bohr war von Rutherford fasziniert und entschloss sich, nach Manchester zu übersiedeln. Zur Überraschung vieler Kollegen in Manchester war auch Rutherford sehr bald von Bohr angetan. Das war nicht unbedingt zu erwarten gewesen, denn Rutherford hatte im Allgemeinen keine allzu große Meinung von „reinen“ Theoretikern. Schließlich hatte er ja auch keinen Theoretiker gebraucht, um aus den Streuexperimenten in Manchester auf die Struktur von Atomen zu schließen. Auf die Frage, wieso er bei Bohr eine Ausnahme machte, soll er gesagt haben: „Bohr is different, he is a football player.“
Kapitel 4: Warum Quantenfeldtheorie?
Gerhard Ecker
Seit Aufstellung der Quantenmechanik ist bis zum heutigen Tag immer wieder die Befürchtung geäußert worden, dass die Kausalität in der Quantenmechanik verletzt sein könnte. Über den Begriff der Kausalität sind unzählige Abhandlungen verfasst worden. Für den einfachen Physiker ist eine Theorie dann kausal, wenn keine Informationen mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen werden können. Betrachten wir ein freies, nichtrelativistisches Teilchen mit Masse m, Impuls $\vec p$ und folglich mit Energie E = $\vec p^2/2m$. Es ist eine schöne Übungsaufgabe für den Studenten der Quantenmechanik, die Wahrscheinlichkeitsamplitude zu berechnen, dass das Teilchen in einer Zeit t von einem Ausgangspunkt $\vec r_0$ zu einem beliebigen Punkt $\vec r$ gelangt.
Kapitel 5: Quantenelektrodynamik - Prototyp einer Quantenfeldtheorie
Gerhard Ecker
Die Quantenelektrodynamik (QED) ist, wie schon der Name sagt, die quantisierte Version der klassischen Elektrodynamik, und sie beschreibt die Wechselwirkung des elektromagnetischen Feldes mit geladenen Materieteilchen. Im Standardmodell der Teilchenphysik (Kap. 9) sind diese Materieteilchen Leptonen und Quarks. Wir beschränken uns zunächst auf den einfachsten und auch historisch bedeutsamsten Fall und betrachten von den Materieteilchen nur die Elektronen und, wie immer in der Quantenfeldtheorie, ihre Antiteilchen, die Positronen.
Kapitel 6: Die Krise der Quantenfeldtheorie
Gerhard Ecker
Ende der 20er-Jahre war die Quantenelektrodynamik in ihrer heutigen Form bekannt. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche Streuprozesse in niedrigster Ordnung Störungstheorie berechnet. Neben den Prozessen, die durch Crossing (s. Kap. 5) aus der Compton-Streuung hervorgehen (Paarerzeugung γ γ → e– e+, Elektron-Positron-Vernichtung e– e+ → γ γ), wurden auch die elastische Elektron-Elektron-Streuung e– e– → e– e– und die elastische Elektron-Positron-Streuung e– e+ → e– e+ analysiert. Allerdings waren zu jener Zeit noch keine Feynman-Diagramme bekannt, und die Rechnungen waren wesentlich komplizierter als heute. Ein Hauptproblem war, dass die QED zwar lorentzinvariant ist, die in den 30er-Jahren übliche Störungsentwicklung diese Eigenschaft aber nicht manifest widerspiegelte. Eine Konsequenz war, dass die Beiträge von Elektronen und Positronen separat behandelt wurden, was vor allem in höheren Ordnungen Störungstheorie zu manchen Missverständnissen, um nicht zu sagen Fehlern, Anlass gab.
Kapitel 7: Vom Beta-Zerfall zur elektroschwachen Eichtheorie
Gerhard Ecker
Von den vier fundamentalen Wechselwirkungen ist die schwache Wechselwirkung in gewisser Weise die geheimnisvollste. Die beiden makroskopischen Wechselwirkungen, die Gravitation und der Elektromagnetismus, sind uns zumindest in ihrer klassischen Version wohlbekannt. Die starke Kernkraft, die wir im nächsten Kapitel behandeln werden, sorgt dafür, dass die Nukleonen in den Atomkernen zusammenhalten, und sie ist daher für die Existenz der uns umgebenden Materie unbedingt notwendig. Wozu aber „brauchen“ wir die schwache Wechselwirkung? Sie ist extrem kurzreichweitig und bei niedrigen Energien die bei Weitem schwächste der drei mikroskopischen Wechselwirkungen. Dass sie für den Zerfall des Neutrons verantwortlich ist, wird den berühmten Mann von der Straße auch nicht sonderlich beeindrucken. Tatsächlich ist aber auch die schwache Wechselwirkung für die Existenz von Leben auf unserem Planeten erforderlich, denn die Energieproduktion der Sterne und damit auch unserer Sonne wäre ohne die schwache Wechselwirkung unmöglich, weil sie bei der für die Energieproduktion zuständigen Kernfusion wesentlich beteiligt ist. Dass wir zum Unterschied vom Sonnenlicht nichts von den etwa 6,6 · 1014 Neutrinos merken, die von der Sonne kommend pro Quadratmeter und Sekunde auf uns einprasseln, hängt damit zusammen, dass die schwache Wechselwirkung ihrem Namen tatsächlich gerecht wird.
Kapitel 8: Quantenchromodynamik - Quantenfeldtheorie der starken Kernkraft
Gerhard Ecker
Bereits 1815 vermutete der englische Chemiker William Prout aufgrund der vorliegenden Messungen von Atommassen, dass alle Atome aus Wasserstoffatomen aufgebaut seien (Prout’sche Regel). Ihm zu Ehren schlug Rutherford 1920 anlässlich einer Tagung der British Association for the Advancement of Science vor, den Kern des Wasserstoffatoms entweder Prouton oder Proton zu nennen, wobei Proton offenbar mehr Anklang fand.
Kapitel 9: Standardmodell der fundamentalen Wechselwirkungen
Gerhard Ecker
Teilchenphysiker haben sich immer wieder mit fantasievollenWortschöpfungen hervorgetan. Asymptotische Freiheit und infrarote Sklaverei zählen dazu, aber auch Leptonen und Hadronen für die Materieteilchen. Gell-Mann ließ sich durch den Roman „Finnegans Wake“ von James Joyce zur Namensgebung der Quarks inspirieren, und auch die Bezeichnung Quantenchromodynamik wird ihm zugeschrieben. Bei der Namensgebung für die Theorie der fundamentalen Wechselwirkungen, die im Prinzip alle nichtgravitativen physikalischen Phänomene von 10–19 m (Auflösungsvermögen des LHC) bis mindestens 1011 m (Distanz Erde–Sonne) beschreibt, haben die Teilchenphysiker dagegen völlig ausgelassen. Die Vereinigung der elektroschwachen Eichtheorie mit der Eichtheorie der starken Wechselwirkungen trägt den fantasielosen Namen „Standardmodell“.
Kapitel 10: Jenseits des Standardmodells?
Gerhard Ecker
Eine kleine, aber wesentliche Erweiterung des ursprünglichen Standardmodells betrifft die Massen der Neutrinos. Bald nach der Entdeckung des Elektron-Neutrinos war klar, dass die Masse des Neutrinos wesentlich kleiner als die des Elektrons sein muss. Das Standardmodell wurde deshalb ursprünglich so konzipiert, dass alle drei Neutrinos masselos sind. Zusammen mit dem einfachen Higgs-Sektor (Kap. 9) wurde die Masselosigkeit dadurch erreicht, dass die Neutrinos im Standardmodell jeweils nur zwei Freiheitsgrade besitzen (V–A-Struktur: linkshändige Neutrinos, rechtshändige Antineutrinos), zum Unterschied von allen geladenen Materieteilchen, die vier Freiheitsgrade haben.
Kapitel 11: Ausblick
Gerhard Ecker
Kehren wir wieder zurück auf den Boden der Realität. Trotz der beeindruckenden Bestätigung des Standardmodells durch die LHC-Experimente werden die experimentellen und theoretischen Versuche weitergehen, Hinweise auf „Neue Physik“ jenseits des Standardmodells zu finden. Auf experimentellem Gebiet gehen diese Versuche in drei Stoßrichtungen, die in der englischen Literatur als Frontiers (Grenzen) bezeichnet werden.